30 Jahre Kinderhilfe Cusco-Peru
Artikel von Petra Pieper aus der "Neuen Osnabrücker Zeitung (NOZ)" vom 04. Juni 2019
Jeder Euro in die Hilfsprojekte
Dem Kampf gegen die Armut widmen sich Heinz Gravenkötter und seine Mitstreiter Armut bekämpfen und Schulbildung ermöglichen - mit diesen Zielen startete von 30 Jahren die Kinderhilfe Cusco-Peru aus dem persönlichen Engagement von Heinz Gravenkötter.
Inzwischen haben der auf mehr als 100 Mitglieder angewachsene Verein und ein noch größerer Freundeskreis mehr als 1,35 Millionen Euro Spenden in die Verbesserung der Lebensumstände armer Kinder in Peru investiert; 40 junge Menschen unterstützten als freiwillige Helfer für jeweils ein Jahr die humanitäre Arbeit vor Ort. Die Entsendung von Helfern ist allerdings inzwischen wieder Geschichte.
Angefangen hatte alles in der Grundschule Belm: Zu Weihnachten 1989 bastelten die Eltern kleine Geschenke und verkauften sie, natürlich für einen guten Zweck. Der war schnell gefunden: Klassenlehrer Gravenkötter hatte den Kindern viel von seinem kurz zuvor beendeten fünfjährigen Aufenthalt in Peru berichtet, auch dass schon kleine Kinder auf die Straße zum Betteln gehen müssen, um das Überleben ihrer Familien sichern zu helfen.
Gern griffen die Belmer Eltern die Idee auf, einen Mittagstisch für die ärmsten Kinder zu unterstützen, den Pater Manuel Montero, ein spanischer Jesuit und Pfarrer der Kirche “La Compania de Jesus”, in der Großstadt Cusco aufbauen wollte. Denn eine regelmäßig und kostenlos angebotene warme Mahlzeit am Tag würde die Kinder von der Notwendigkeit des Bettelns entlasten; sie wären frei für den Schulbesuch. Damit würde der Teufelskreis der Armut durchbrochen, und sie bekämen eine Perspektive für ihr Leben.
Der erste Scheck, der nach Cusco geschickt wurde, betrug 1.200 D-Mark oder umgerechnet 600 Dollar – viele weitere sollten folgen.Zunächst mit Nachfragen im Freundes- und Bekanntenkreis, dann über Presseveröffentlichungen gelang es dem Initiator, immer mehr Spendengelder für die Kinder von Cusco einzuwerben, im Jahresdurchschnitt ca. 50.000 Euro. “Wir bekommen Spenden von Privatpersonen und Firmen, zum Beispiel aus Anlass besonderer Geburtstage oder Jubiläen, von Schüler- und Sportaktionen oder sogar von Zahnarztpatienten, die altes Zahngold spenden, berichtet Gravenkötter. Auch wer einmal an einer Studienfahrt teilgenommen habe, bleibe dem Land und seinen Menschen verbunden und beteilige sich an der finanziellen Unterstützung. Als immer mehr Spender nach Spendenquittungen fragten, wurde 1993 der Verein gegründet, dessen Vorsitzender Gravenkötter bis heute ist. Der Mittagstisch in Cusco versorgt seit 1990 täglich bis zu 400 Kinder – nicht nur mit einem warmen Essen, sondern auch mit einem regelmäßigen Gesundheitscheck. Weitere Projekte zur Armutsbekämpfung und Förderung schulischer Bildung wurden vom Verein auf den Weg gebracht: Im Andenhochland, in dem es, so Gravenkötter, “unvorstellbare Armut” gibt,wurde im Ort Quiquijana 2001 ein Mittagstisch für 100 Kinder eingerichtet, wenige Jahre später baute der Verein dort ein Jugendhaus für Waisen und Externe, die ansonsten täglich mehrstündige Fußmärsche bis zur Schule zurücklegen müssten. Dieses Jugendhaus hat ein Kapazität für 100 Kinder. Zwei Jahre später kam ergänzend ein Bauernhof hinzu. Mit dem Gemüseanbau und der Tierhaltung wird einerseits die gesunde Ernährung der Kinder gesichert, andererseits lernen sie in der Mithilfe die Grundlagen einer nachhaltigen Landwirtschaft kennen. Weitere Mittagstische entstanden in den abgelegenen Gebirgsdörfern Acomayo mit den Ortsteilen Pitumarca und Huascar, in Ccoyabamba und Ccapi, wo der Verein zudem ein kleineres Jugendhaus betreibt.
Da auch die Versorgung mit sauberem Trinkwasser an vielen Orten ein Problem ist, hat der Verein bislang zwölf Trinkwasser-Rucksäcke “Paul” angeschafft, mobile leistungsfähige Filter, die täglich bis zu je 1200 Liter verschmutztes Wasser in einwandfreies Trinkwasser umwandeln können.
Während der erste Mittagstisch in Cusco nach über zwei Jahrzehnten Förderung inzwischen in die Selbständigkeit entlassen werden konnte,weil, so Gravenkötter, “die Ordensschwestern inzwischen eigenständig lokale Spenden akquirieren”, wurde an anderer Stelle in der auf fast eine halbe Million Menschen angewachsenen Großstadt ein neuer Mittagstisch für rund 200 Kinder an einer Grundschule aufgebaut.
Gravenkötter ist froh über das bisher Erreichte: Viele Hundert Kinder hätten in den vergangenen 30 Jahren von der Cusco-Hilfe profitieren können, und auch für die 40 Jugendlichen, die ihren entwicklungspolitischen Freiwilligendienst im Rahmen des “weltwärts”-Programms des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) geleistet hätten, sei der Einsatz in den Anden eine bereichernde Erfahrung gewesen.
Zu viel Bürokratie
“Leider mussten wir die Entsendung von Freiwilligen inzwischen einstellen, weil wir als kleine regionale und ehrenamtlich geführte Organisation die überbordende Bürokratie, die mit diesem Programm verbunden ist, nicht mehr leisten können”, bedauert Gravenkötter. “Schlimmer als der Schul-TÜV, ärgert er sich. Und die für die geforderte Evaluierung anfallenden Kosten von 4.500 Euro würde er lieber in die humanitäre Arbeit investieren.
Denn ein Ende der Hilfsbedürftigkeit der Straßenkinder in Cusco und der Kinder im abgelegenen Hochgebirge sei nicht abzusehen. Deshalb wurde das 30-jährige Bestehen der Kinderhilfe auch nicht groß gefeiert, stattdessen fließt jeder Euro in die Hilfsprojekte.
Das Spendenkonto der Kinderhilfe Cusco-Peru e. V. Sparkasse Osnabrück, IBAN: DE92 2655 0105 000 78 42 925