Bittere Armut, große Herzlichkeit
Artikel von Petra Pieper in der "Neuen Osnabrücker Zeitung (NOZ)" vom 10. August 2022
Nachhaltige Unterstützung durch die Kinderhilfe Cusco-Peru
Nach drei Jahren coronabedingter Besuchspause konnten nun wieder zwei Vorstandsmitglieder der Kinderhilfe Cusco-Peru aus Georgsmarienhütte in das südamerikanische Land reisen und sich persönlich vom Fortschritt der Hilfsprojekte überzeugen. Dabei nahmen der Initiator der Kinderhilfe Cusco, Heinz Gravenkötter, und der Mediziner Dr. Thomas König neben mehreren bewährten auch erstmals zwei neue Projekte in Augenschein, deren Gründung 2021 sie nur per E-Mail und telefonisch begleiten konnten.
Corona hat Peru schwer getroffen
Die Corona-Pandemie habe in Peru gerade zu Anfang sehr heftig gewütet, berichten Gravenkötter und König. Gesundheitswesen und Arbeitsmarkt seien regelrecht zusammengebrochen, der Schulunterricht fast im ganzen Jahr 2020 komplett ausgefallen. Inzwischen liege die Inzidenz niedriger als in Deutschland und die meisten Einschränkungen seien wieder zurückgenommen worden. Allerdings stagniere die wirtschaftliche Entwicklung. Dass die von der Kinderhilfe geleistete Unterstützung höchst willkommen sei, hätten sie unter anderem an den herzlichen Empfängen mit Umarmungen, Blumen, Konfetti, Tanz und Gesang ablesen können. Der Klassiker unter den Hilfsprojekten der Kinderhilfe Cusco ist der Mittagstisch, zumeist angeschlossen an eine Schule. Hier bekommen die Kinder täglich eine frisch gekochte warme Mahlzeit - eine nicht zu unterschätzende Motivation für den Besuch des Schulunterrichts.
Motivation für den Besuch des Schulunterrichts
Das war schon beim allerersten Projekt 1989 so, dem Mittagstisch für Straßenkinder in der Großstadt Cusco, der inzwischen von einheimischen Sponsoren betrieben wird, und das ist auch weiterhin der Kern der Hilfe zur Selbsthilfe. Dabei ist die Organisation längst in die einsamen Bergregionen bis in 4000 Metern Höhe vorgedrungen. Hier lebt vor allem die indigene Bevölkerung, während die Nachfahren der europäischen Kolonialherren überwiegend in den Städten wohnen. Peru hat eine „Zwei- Klassen-Gesellschaft“, erläutert Thomas König. Die beiden neuen Mittagstische für jeweils 60 bis 80 Schulkinder befinden sich in den abgelegenen Andendörfern Colquepata und Mosocllacta. Die Armut dort ist groß, die Bildung auf niedrigem Niveau. Für Kinder, deren täglicher Schulweg drei oder vier Stunden dauern würde, gibt es die Möglichkeit, sich im Schuldorf ein Bett zu mieten. Mit etwas Glück finden sie einen Platz in einem Jugendhaus wie in denen von der Kinderhilfe finanzierten in Ccapi oder Ccoyabamba. Dort erhalten sie neben Unterkunft und Verpflegung auch soziale Betreuung. Die Kinderhilfe Cusco achtet verstärkt darauf, mit der Elternschaft und der jeweiligen Kommune eine Allianz zu bilden, damit die Projekte langfristig in die Hände der Ortskräfte gelegt werden können. Der Beitrag der Elternschaft besteht zumeist aus der Lieferung von Naturalien wie Reis, Mais und Gemüse sowie Brennholz; die Kommune übernimmt zumeist die Personalkosten.
Pater Renè Farfan als Koordinator vor Ort
Und dann ist da noch Pater Renè Farfan, der als verlässliche und vertrauenswürdige Person der Koordinator vor Ort ist. „Der Pater kennt die Menschen und weiß um ihre Sorgen“, sagt Gravenkötter. Nicht selten mündet die bittere Armut in häusliche Gewalt. Farfan plant ein Beratungsprojekt für betroffene Frauen mit juristischer und psychologischer Unterstützung. Die Finanzbedarf wird mit 10.000 Dollar jährlich für mindestens fünf Jahre veranschlagt. Die Kinderhilfe Cusco würde in dieser Sache gern mit dem Pater kooperieren, „allein könnten wir ein derartiges Projekt nicht stemmen“.
Unterstützung für angehende Lehrerinnen und Ärztinnen
Und noch ein nachhaltiges Projekt kann die Kinderhilfe vorweisen: Vier junge Studentinnen aus armen Elternhäusern werden mit 1000 Dollar pro Kopf und Jahr unterstützt, damit sie in Zukunft als Lehrerinnen oder Ärztinnen für die Menschen in ihrem Land tätig werden können. Um die Projekte finanziell am Laufen zu halten, investiert die Kinderhilfe derzeit jährlich etwa 45.000 Euro. „In den vergangenen über 30 Jahren sind bereits 1,4 Millionen Spendengelder zusammengekommen“, teilt Gravenkötter auf Nachfrage mit. Und hofft, dass es auch weiterhin Unterstützung für Peru gibt, denn „wir wollen Kontinuität“.